Räumungen von Obdachlosen-Platten

n Hamburg gab es in den vergangenen dreieinhalb Jahren durchschnittlich zwei Räumungen pro Woche. Das ergab die Antwort des Senats auf eine Anfrage (Drucksache 21/17554) der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Obwohl in Mitte sogar Obdachlosen-Platten an der Kennedybrücke und zeitweise an der Kersten-Miles-Brücke geduldet werden

Antrag öffentlich

Fraktion DIE LINKE

Drucksachen–Nr.: 22-0258

Datum: 26.09.2019

Beratungsfolge

  
 

Gremium 

Datum

Öffentlich

Bezirksversammlung Hamburg-Mitte

24.10.2019

 

Räumungen von Obdachlosen-Platten (Antrag der Fraktion DIE LINKE)

Sachverhalt:

In Hamburg gab es in den vergangenen dreieinhalb Jahren durchschnittlich zwei Räumungen pro Woche. Das ergab die Antwort des Senats auf eine Anfrage (Drucksache 21/17554) der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Obwohl in Mitte sogar Obdachlosen-Platten an der Kennedybrücke und zeitweise an der Kersten-Miles-Brücke geduldet werden, führt der Bezirk mit Abstand die meisten Räumungen durch: Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es bereits 32 Einsätze des Bezirksamtes, von 2015 bis 2019 (einschließlich II. Quartal) wurden insgesamt 320 Räumungen durchgeführt. Anders als in den Bezirken Wandsbek und Harburg wurde dabei nicht erfasst, welche Räumungen angekündigt wurden bzw. durch eine Ankündigung entbehrlich geworden sind.


Die Räumung von Platten und Schlafplätzen von Obdachlosen findet zum einen durch das Management des öffentlichen Raums des Bezirksamtes statt, das dann wiederum die Stadtreinigung damit beauftragt. Zum anderen durch die Polizei. Dabei kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen bei der Räumung von Platten und Schlafplätzen von Obdachlosen. Bspw. durch sich überschneidende Räumungsveranlassungen durch das Bezirksamt einerseits und die Polizei andererseits. In diesen Fällen hat das Bezirksamt die Sozialarbeit eingeschaltet und die Räumung für einen späteren Zeitpunkt angekündigt. In Unkenntnis darüber hat die Polizei den Schlafplatz aber bereits vorzeitig geräumt https://www.hinzundkunzt.de/raeumung-wegen-muell-und-kaelte/.


Mit der Begründung, dass die meisten Betroffenen Hilfen strikt ablehnen würden, wird bei Räumungsveranlassungen die Sozialarbeit nicht automatisch einbezogen. Tatsächlich wäre aber eine frühzeitige Ankündigung und eine systematische Einbeziehung der Straßensozialarbeit sinnvoll. Denn nur so sind die Betroffenen auch weiterhin für das Hilfesystem erreichbar.


Die Stadt bietet eine „Hotline gegen die Verfestigung sozialer Brennpunkte“ an (Tel. 4 28 28 5000). Wenn bei dieser Nummer Bürger*innen anrufen wird die Straßensozialarbeit informiert. Würde diese Hotline automatisch durch das Management des öffentlichen Raums oder der Polizei bei einer Räumungsankündigung informiert, wäre es möglich, den Betroffenen frühzeitig und systematisch Unterstützung zukommen zu lassen.


Generell sind Räumungen kritisch zu betrachten, da die Betroffenen durch die Vertreibung von ihren Übernachtungsplätzen oder gar weitergehend aus dem Innenstadtbereich ihren Lebensmittelpunkt verlieren und nicht nur der Kontakt zum Hilfesystem, sondern auch die Bewältigung des Alltags und die Pflege sozialer Beziehungen erschwert wird. Kann jedoch frühzeitig vor beabsichtigten Räumungen die örtlich zuständige Straßensozialarbeit eingeschaltet werden, können mögliche soziale Schäden für die betroffenen Menschen ggf. geringer gehalten werden als bisher. Es ist anzunehmen, dass die Betroffenen in einer Notlage wie der bevorstehenden Räumung ihres Schlafplatzes Hilfestellungen eher annehmen bzw. ihre Handlungsmöglichkeiten überdenken und neu bewerten.


Petitum/Beschluss:

Die Bezirksversammlung möge beschließen

  1. Analog zu den Bezirken Harburg und Wandsbek soll auch im Bezirk Mitte die Anzahl der „angekündigten Räumungen“ und die Anzahl der „durch eine Ankündigung entbehrlich gewordenen Räumungen“ statistisch erfasst werden.
  2. Bei Räumungen sind die Stadtreinigung und die Polizei verpflichtet frühzeitig die „Hotline gegen die Verfestigung sozialer Brennpunkte“ (Tel. 4 28 28 5000) zu informieren, um die Sozialarbeit systematisch einzubeziehen