Antwort: Runder Tisch zum Ärztemangel

Große Anfrage nach § 24 BezVG und Antwort des Bezirksamtes.

Große Anfrage nach § 24 BezVG

Drucksachen–Nr.: 23-0169
Datum: 20.11.2024


Beratungsfolge
 GremiumDatum

Antwort: Runder Tisch zum Ärztemangel (Anfrage der Fraktion DIE LINKE)

Fragestellerinnen und Fragesteller: Antonia-Luise Ivankovic, Theresa Jakob, Steffen Leipnitz, Susanne Morgenstern, Maureen Schwalke, Nora Stärz, Marinus Stehmeier, Ronald Wilken

Einleitung für die Fragen:
Am 22.06.2023 brachten die SPD-, CDU- und FDP-Fraktion einen Antrag ein, um die flächendeckende medizinische Versorgung für alle Stadtteile zu gewährleisten (Drucksache 22-3962). Hintergrund war, dass es gerade in Stadtteilen im Osten (Horn, Billstedt, Mümmelmannsberg) und Süden (Wilhelmsburg) keine stabile medizinische Versorgung gab. Allgemeinmediziner*innen waren überlastet, Fachärzt*innen und grundlegende Notfall- und Grundversorgung im kinderärztlichen Bereich fehlten stellenweise.
Daher beschloss die Bezirksversammlung einstimmig, dass ein Runder Tisch zur Behebung dieser Notlage eingesetzt werden sollte. Ferner sollte das Bezirksamt auf die Kassenärztliche Vereinigung zugehen und so in betroffenen Stadtteilen kurzfristig U-Untersuchungen und eine Notfallversorgung von Kindern und Jugendlichen ermöglichen.

Dieser Antrag liegt bereits mehr als ein Jahr zurück. Da es keine Berichte darüber gibt, dass sich die Situation innerhalb dieses Zeitraumes drastisch verbessert hat und zuletzt auch die Notdienste in Hamburg geschlossen oder empfindlich eingeschränkt wurden (darunter auch die Notfallpraxis Altona in Hamburg-Mitte), fragen wir das Bezirksamt:


Das Bezirksamt Hamburg-Mitte beantwortet die Fragen wie folgt:
1. Wurde ein Runder Tisch unter Beteiligung des Bezirksamts, der Sozialbehörde, der Kassenärztlichen Vereinigung und ggf. weiteren Akteuren eingesetzt? Wenn ja, wann hat dieser Runde Tisch stattgefunden und welche Akteure waren anwesend?

Am 07.11.2023 fand in Mümmelmannsberg auf Einladung des Bezirksamtsleiters ein entsprechender runder Tisch zum Thema „gesundheitliche Versorgung“ unter Beteiligung der lokalen Akteure, der Sozialbehörde (SB), der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVHH), des Dezernates Soziales, Jugend und Gesundheit (D3) und der Fachämter Stadt- und Landschaftsplanung (SL), Sozialraummanagement (SR) und Gesundheit (GA) des Bezirksamtes Hamburg-Mitte statt.
Darüber hinaus wurden seit der Beschlussfassung der Bezirksversammlung im Juni 2023 eine Reihe von Einzelgesprächen und themengebundenen Austauschrunden zur ambulanten und stationären medizinischen Versorgung von Stadtteilen in Hamburg-Mitte [u.a. zu den Themen Gesundheitsversorgung in Wilhelmsburg, kinderärztliche Versorgung in Rothenburgsort, Sicherung der kinderärztlichen Versorgung in Billstedt, hausärztliche Versorgung in Hamm (durch das Marienkrankenhaus)] geführt.
Die Bezirksamtsleitung, die Sozialbehörde und die KVHH sind hier in regelmäßigem Austausch.
Aufgrund der sozialräumlich sehr unterschiedlichen Gegebenheiten und Problemlagen und den parallelen gesamtstädtischen Entwicklungen (eklatanter Hausärztemangel in Harburg, Vergabe neuer Kassensitze Kinderärzte Gesamt -Hamburg, Krankenhausreformgesetz und die Auswirkungen auf die Freie und Hansestadt Hamburg, Notfallversorgungsgesetz und kassenärztlicher Notfalldienst) hat sich die Einrichtung eines "großen“ runden Tisches als nicht sinnvoll erwiesen, weil dort nicht ausreichend detailliert auf die einzelnen Problemlagen eingegangen werden kann.

2. Zu welchem Ergebnis ist der Runde Tisch gekommen? Welche Missstände der medizinischen Versorgung wurden konkret angesprochen und welche Angebote wurden gemacht, um das Versorgungsangebot mit dem tatsächlichen Bedarf zusammenzubringen?

  • Ergebnisse:

Gerade im Hamburger Osten, aber auch im Bereich Süderelbe sind perspektivisch erhebliche Versorgungslücken im Bereich der ambulanten (basis)medizinischen Versorgung zu befürchten. Diese Entwicklung wird „verdeckt“ durch eine gesamtstädtische statistische ambulante Überversorgung der Stadt als Gesamtplanungsbereich. Eine wohnortnahe primärmedizinische Versorgung (Hausärzte, Kinderärzte, Gynäkologie, Psychiatrie/Psychotherapie) ist aus Sicht des Bezirkes dringend zu sichern oder aufzubauen.
Hier ist die KVHH in alleiniger Verantwortung der Sicherstellung. Bezirkliche Unterstützung kann hier nur durch Hilfe bei Mietflächensuche, Moderation und Kommunikation der Abstimmungsprozesse und perspektivisch in der Priorisierung der Versorgung in Stadtplanungsprozessen erfolgen. Eine enge Abstimmung mit den gesamtstädtischen Entwicklungen und Zuständigkeiten der Sozialbehörde erfolgt hier bereits.

  • Konkrete Themen und Maßnahmen waren hier:

o Sicherung eines kinderärztlichen Angebotes insbesondere in der Infektsaison im Hamburger Osten (Mümmelmannsberg, Billstedt, Horn) (siehe Frage 3)
o Erhalt der Stadtteilklinik Mümmelmannsberg mit ihrem einzigartigen stadtteilorientierten integrativem Versorgungskonzept (Sanierungskonzeptentwicklungsunterstützung Betreiber, Mieter, Sozialbehörde durch den Bezirk)
o Bedarf und Ausbau der nichtärztlichen Therapieangebote wie Ergo- und Physiotherapie, Psychotherapie oder Logopädie.
o Stärkung der Unterstützungssysteme für die Inanspruchnahme der Regelversorgung von Menschen mit Zugangsschwierigkeiten z.B. durch Gesundheitskiosk, lokale Gesundheitszentren, Mütterberatungen, Gesundheitsfachkräfte der Schulen, lokale Präventions und Vernetzungsstellen, Multiplikatoren in den Stadtteilbeiräten oder -konferenzen (Angebotsübersichten erstellen, Beratung von Hilfesystemen zum Zugang, Wissenstransfer)
o Versorgungsperspektive Wilhelmsburg und Kirchdorf Süd in Hinblick auf Städtebauprojekte Süderelbe und Zuzug durch Schaffung von Wohnraum (Flächenplanung Internationale Bauausstellung (IBA), Bedarfsermittlung und -entwicklungsperspekive)
o Medizinische Versorgung in Unterkünften für Geflüchtete (Zugang Sozialbehörde mobile Versorgung durch externen Dienstleister)

3. Gab es kurzfristige Maßnahmen zur Sicherstellung der U-Untersuchung und der Notfallversorgung von Kindern und Jugendlichen in betroffenen Stadtteilen. Wenn ja, welche?
Gibt es inzwischen auch langfristige Maßnahmen und Angebote? Bitte einzeln auflisten.

  • Ausbau der Angebote der bezirklichen Mütterberatung und kinderärztlichen Beratung seitens GA (z.B. Rothenburgsort)
  • Vermittlungsunterstützung von Bürger*innen in Hamm bei erschwertem (barrierefreiem) Zugang zur hausärztlichen Versorgung
  • Impfangebote (monatlich plus Grippeimpftage im November) durch das Gesundheitsamt Hamburg-Mitte (mehrere Standorte)
  • Impfaktionaktionstag für Familien und ältere Menschen am 10.10.2023 im Gemeindezentrum Mümmelmannsberg
  • Ausschreibung und Besetzung der lokalen Vernetzungsstelle Prävention in Wilhelmsburg
  • Unterstützungsangebot zur Raumsuche für niederlassungsinteressierte Ärzt*innen seitens des Bezirksamtes
  • Mobile ärztlich/medizinische Versorgung von Wohnunterkünften inklusive U-Untersuchungen, Impfangeboten und Schwangerenvorsorge durch einen externen Dienstleister im Auftrag der Sozialbehörde
  • Neun zusätzliche kinderärztliche Kassensitze für Hamburg in 2024 durch die KVHH, drei davon mit „Bonus“ für bestimmte Stadtteile (Rahlstedt, Bramfeld, Billstedt) mit besonders niedriger Versorgungsquote.
  • Stadtteilaktion „Mümmelmannsberg sucht den Kinderarzt“ Besuch des Bezirksamtsleiters in der Elternschule Mümmelmannsberg mit Vertreter*innen der Stadtteilgremien. Gemeinsamer Pressetermin:
    https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Suche-nach-Kinderarzt-fuer-Hamburger-Stadtteil-Billstedt-,kinderarzt216.html

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