Zur Zeit wird gefiltert nach: Migration & Flucht
Eine kritische Auseinandersetzung mit der Ideologie der Integrationspolitik und warum Inklusion im Sinne von Partizipation besser ist.
Der Begriff Integration (lateinisch „Integratio“ – Erneuerung) beschreibt in der Soziologie das Entstehen einer Wertegemeinschaft, die eine neue Gruppe einbezieht, die zunächst eine andere Wertvorstellung innehat, als die Gruppe, in die sie eingehen soll.
Der Prozess der Partizipation von Menschen mit einem Migrationshintergrund an der Gesellschaft sollte nach unserem Verständnis aus Annäherung, gegenseitiger Auseinandersetzung, Kommunikation, Finden von Gemeinsamkeiten, Feststellen von Unterschieden und der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und der anwesenden „Aufnahmegesellschaft“ bestehen. Dies setzt auch voraus, dass der neuen Gruppe die gleichen Rechte wie der Mehrheitsgruppe zustehen, damit echte Partizipation und Inklusion stattfinden kann.
Dieses Verständnis bedeutet eben nicht die Aufgabe der eigenen kulturellen Identität.
Leider werden diese Grundprämissen in Deutschland missachtet. Vielmehr ist Integration dahingehend pervertiert, dass von der neuen Gruppe verlangt wird, dass sie sich der „Mehrheitsgruppe“ anpasst und deren Wertvorstellungen weitestgehend übernimmt. In dem Maße, in dem diese Anpassung individuell oder allgemein gelingt, wird nach deutschem Verständnis von gelungener Integration gesprochen.
Dieses nach unserer Sichtweise falsches Verständnis von Integration hat in Deutschland zu unterschiedlichen politischen Maßnahmen geführt, die hier angerissen werden sollen:
Die Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in der „Aufnahmegesellschaft“ setzt den Erwerb von bestimmten Kenntnissen und Fähigkeiten voraus, sowie die Chanceneröffnung, sich diese aneignen zu können und gleichberechtigte Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung vorzufinden. Diese Anforderungen gehen jedoch an den realen Möglichkeiten der Menschen vorbei. Das Aufenthalts- und Asylrecht ist durchzogen von zahlreichen Einschränkungen, Erschwernissen und Ungleichbehandlungen, die es den Betroffenen eben nicht ermöglichen, zu partizipieren. Dies wird u.a. an folgenden Beispielen deutlich:
Generell stellt sich die Frage, ob eine Umerziehung, verbunden mit der Aufgabe der Werte und Identitäten (bis hin zur erzwungenen Aufgabe der alten Staatsangehörigkeit) aus dem Herkunftsland nötig sind, um ein gleichwertiger Staatsbürger der BRD zu werden. Wir beantworten diese Frage entschieden mit Nein. Das deutsche Konzept der Integration ist menschenunwürdig, undemokratisch und exkludierend, weshalb wir es ablehnen!
In Anbetracht der obigen Darlegungen ist das Ziel Der Linken Inklusion im Sinne von Partizipation als weitergehendes Verständnis von Integration. Wir engagieren uns für eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft. Wir fordern u. a. eine Aufhebung jeglichen Arbeitsverbots für MigrantInnen, Flüchtlinge und „Geduldete“, kostenlose und ausreichende Sprachkurse, mehr Lehrkräfte an Volkshochschulen, sowie ausreichend DolmetscherInnen, eine ausreichende Finanzierung staatlicher und sozialer Einrichtungen der Migrationsberatung, sowie die Abschaffung der Abschiebehaft. Uns geht es um die tatsächliche Partizipation Aller!
Die Fraktion Die Linke in Hamburg-Mitte ist nicht mehr bereit, diesen falschen Weg der Integration nach deutschem Muster zu unterstützen, weil hierdurch die Zuwanderinnen und Zuwanderer innerhalb der Gesellschaft weiterhin exkludiert werden und nicht die Chance erhalten im Sinne der Inklusion in der Gesellschaft aufzugehen, sondern immer oder für lange Zeit den Status des Migranten, des Ausländers oder Geduldeten behalten.
Die derzeit stattfindende ausführliche Erarbeitung eines Integrationsleitbildes für den Bezirk Mitte ist weder finanziell, noch personell umsetzbar und wird angesichts der „Schuldenbremse“ nicht mehr sein als ein Papier mit theoretischen Konzepten und Anregungen, welche an den tatsächlichen politischen und gesellschaftlichen Umständen scheitern.
Der falsche Ansatz der Integration, wie auch die herrschende Flüchtlingspolitik in Hamburg wird von der AG Integrationsleitbild ignoriert.
Deshalb entschied sich die Fraktion Die Linke in HH-Mitte ab April 2015 aus der AG auszuscheiden, da das hier zugrundeliegende Verständnis von Integration von uns nicht vertreten wird und zu befürchten ist, dass es sich bei dem Integrationsleitbild um eine theoretische Abhandlung handelt, die in der Praxis aufgrund oben beschriebener Umstände nicht angewendet werden kann und wird.
1 Von der Ausländerbehörde wird in Kooperation mit der Agentur für Arbeit eine sog. Vorrangprüfung durchgeführt, welche die Beschäftigung von Asylbewerbern und Geduldeten ohne Hochschulabschluss, ohne Ausbildung in einem Engpassberuf oder unter 15 Monaten erlaubtem Aufenthalt in Deutschland nur unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht: Für das konkrete Stellenangebot dürfen keine deutschen ArbeitnehmerInnen, <acronym>EU</acronym>-BürgerInnen oder entsprechend rechtlich gleichgestellte AusländerInnen zur Verfügung stehen. Rein faktisch kommt es daher kaum zu Einstellungen von Geduldeten und AsylbewerberInnen ohne Hochschulabschluss oder ohne Facharbeiter-Abschluss in Engpassberufen. Vielen ArbeitgeberInnen ist der Weg bis sie den Arbeitssuchenden endlich einstellen können, zu langwierig und zu unsicher.